Marie-Lumpp

thomas freitag

„Hinter uns die Zukunft“

Woher kommt die menschliche Unfähigkeit, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen?

In seinem neuen Programm, das den Titel seiner Audiobiografie trägt, versucht Thomas Freitag spielend, lesend und erzählend darauf eine Antwort zu finden. Wenn man sich mit der Vergangenheit beschäftigt, eröffnet es den Blick in die Zukunft. Schnell wird offenbar, dass die politischen Fehlentwicklungen rundum schon früh erkennbar waren. Aber nichts oder zu wenig wurde dagegen getan. So zieht Thomas Freitag Bilanz und guckt zugleich nach vorne.

Seine Quintessenz ist eine ganz persönliche, denn Thomas Freitag hat die Geschichte des deutschen Kabaretts maßgeblich mitgeschrieben. Er hat fünf Kanzlerschaften parodistisch in die Knie gezwungen. Und auch wenn der aktuelle Kanzler die Koffer packt, wird Thomas Freitag garantiert immer noch auf der Bühne stehen.

Ob Nato-Doppelbeschluss, Mauerfall oder 9/11, zu allem hatte Thomas Freitag den passenden kabarettistischen Kommentar. Mit komödiantischem Blick und klarer Haltung stellt er sich auch der Selbstkritik. Denn was genau ist eigentlich falsch gelaufen, wenn man Franz-Josef Strauß verhindern wollte und am Ende Donald Trump in die Augen blicken muss?

HINTER UNS DIE ZUKUNFT ist eine rasante Mischung aus spitzzüngigen Aktualitäten, biografischen Bonmots und bewährten Nummern. Es ist sein 19. Soloprogramm und mit Abstand sein persönlichstes. Und als einer der Wenigen seiner Zunft, schafft er aus dem persönlich Erlebten immer noch Hoffnung für Morgen zu schöpfen.

Rückzug über die Minen der Ebene

Thomas Freitag setzt mit seinem neuen Programm einen Schlusspunkt.

Denn die einstigen Zukunftsträume des Nachkriegskindes Thomas haben sich mittlerweile in Albträume verwandelt – und die Wut darüber lässt ihn nicht kalt. Mit seinem enormen schauspielerischen Talent, seiner Erfahrung und seinem Alter nimmt er die Zuschauer an die Hand und führt sie auf seinem „Rückzug über die Minen der Ebene“.

Wenn er dabei kafkaesk den Affen gibt, dann nur, weil er dem Ernst des Lebens mit der Heiterkeit der Kunst begegnen will.

Er entlarvt die menschliche Hybris, sich grundsätzlich dem Tier überlegen zu fühlen. Der Mensch ist keine arme Sau, nur weil er mit digitalen Errungenschaften, KI, Suchtmitteln, Reichtum und Ehre nicht zurechtkommt. Doch er ist es, der jeder positiven Errungenschaft sofort den Missbrauch folgen lässt – keine Sau würde so etwas tun.

So bekommt manch einer noch einmal den Kopf gewaschen. Nicht aber das Gehirn, denn dort, so scheint es, haben andere bereits ganze Arbeit geleistet.

Und da Thomas Freitags Parodien legendär sind, melden sich natürlich auch die Granden aus dem Himmel zu Wort – denn sie leiden unter dem derzeitigen Bodenpersonal am meisten. Wer den großartigen Verwandlungskünstler also noch einmal erleben will, sollte sich dieses Programm nicht entgehen lassen.